Moonlight

Bestes Drama bei den Golden Globe 2017 und acht Nominierungen für den Oscar – die schwule Coming Out-Geschichte des Schwarzen Chiron hat das Potenzial zum besten Film des Jahres.

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Das Spielfilmdebüt von Barry Jenkins, „Moonlight“, basiert auf dem  autobiografisch geprägten Theaterstück „In Moonlight Black Boys Look Blue“ des schwulen Schriftstellers Tarell Alvin McCarthy. Der Film zeigt manchmal unaufgeregt, aber immer kraftvoll und emotional eine Coming Out-Geschichte im Armenviertel von Miami.
Regisseur Barry Jenkins macht keinen herkömmlichen Film über das mühsame und schmerzvolle Finden der eigenen Identität als Mann, als Schwuler und als Schwarzer.

Acht Nominierungen

„Moonlight“ hat mit acht Nominierungen genau so viele wie „Brokeback Mountain” bekommen: Barry Jenkins als bester Regisseur, Mahershala Ali als bester Nebendarsteller, Naomie Harris als beste Nebendarstellerin, für die Musik, das beste adaptierte Drehbuch, Filmschnitt,  Kamera und bester Film. Barry Jenkins darf sich als erster afroamerikanischer Filmemacher über drei Nominierungen im gleichen Jahrgang freuen. Der Regisseur zeigt sich bestätigt: „Ich teile gerade Chirons Geschichte auf einem anderen Kontinent mit Menschen anderen Ursprungs. Was die Nominierungen für mich verkörpern, ist eine Bestätigung dafür, dass Kino die Kraft hat, Grenzen zu überwinden und zu zeigen, was uns alle zu Menschen macht.“

Der Film ist in drei Kapitel strukturiert, benannt nach den jeweiligen Lebens­abschnitten von Chiron. Die drei Kapitel bauen aufeinander auf und bilden zusammen ein Triptychon. Jedes einzelne Kapitel wird von KritikerInnen vielfach als eigenständiger Kurzfilm beschrieben und unabhängig von den anderen gezeigt werden könnte, doch zusammen sind die drei Teile um vieles größer als die einzelnen Kapitel.

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Kapitel 01: Little

Der neunjährige Chiron (gespielt von Alex Hibbert)  lebt in den 1980er Jahren in Miami, in einer Gegend, die von Gewalt geprägt ist und in der viele Menschen cracksüchtig sind. An der Schule wird der zurückhaltende Junge gemobbt, wegen der Art, wie er geht, und der Art, wie er spricht. Die Halbstarken nennen ihn auf dem Schulhof Little. Aus Chiron droht ein weiterer Afroamerikaner zu werden, der am System scheitert, aber der Junge ist trotz seiner schmächtigen Statur und seiner wortkargen Natur ein Kämpfer.

Es ist Juan, ein kubanischer Einwanderer und Drogenhändler der Gegend, der eine Art Ersatzvater für ihn wird und ihm eine Art Führung und emotionale Unterstützung bietet, die Chiron zuvor nie erlebt hat. Während eines Ausflugs zum Strand gibt Juan dem Jungen einen rudimentären Schwimmunterricht und lässt Chiron dabei das Gefühl erleben, wie es ist, sich treiben zu lassen und sich einmal als Mittelpunkt der Welt zu fühlen.

Es gibt aber auch noch Kevin (André Holland), der einzige Junge an seiner Schule, der Chiron dazu ermutigt, sich von den Mitschülern, die ihn dort tyrannisieren, nicht unterkriegen zu lassen. Er zeigt Chiron, wie man sich gegen andere Jungs zur Wehr setzt.

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Kapitel 02: Chiron

Sieben Jahre später ist Chiron (gespielt von Ashton Sanders)  zwar um einiges größer, aber noch immer ist er dünn und wirkt ungelenk. Die Drogenprobleme seiner Mutter haben sich verstärkt, und ihm ist klar geworden, dass er die eigentlichen Kämpfe nicht auf der Straße austrägt, sondern in sich selbst.

Die Highschool wird auch von Kevin besucht, der dort nunmehr vor den Jungs in seiner Clique prahlt und Umgang mit einigen Mädchen hat. Dennoch hat er Chiron immer im Auge, und auch wenn es so wirkt, als sei aus Kevin ein echter Draufgänger geworden, ist es sein alter Freund aus Kindertagen, mit dem er eine zarte Romanze beginnt.

Als die beiden nachts gemeinsam am South
Beach von Miami sitzen, wo sich sonst Schwule treffen, rauchen sie einen Joint. Dort erlebt Chiron mit Kevin seine erste körperliche Erfahrung. Die Intimität, die er mit Kevin in dieser Nacht am Strand erlebt, bleibt Chiron unvergesslich, und noch lange soll er über die komplizierte Liebesbeziehung zu seinem besten Freund nachdenken.

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Kapitel 03: Black

Rund zehn Jahre später lebt Chiron (ge­spielt von Trevante Rhodes)  in Atlanta, hier hat er seine Zeit in einer Jugendstrafanstalt abgesessen. Er sieht nun aus wie ein typischer Schlägertyp, trägt goldene Ketten, besitzt die gleichen Diamantohrringe und den gleichen muskulösen Körper wie Juan früher und hat sich den Namen Black gegeben. So hatte ihn auch Kevin früher immer genannt. Seine mühsam antrainierten Muskeln trägt er wie einen Panzer vor sich her, unter dem er nicht nur seine Homosexualität, sondern überhaupt sämtliche Gefühle versteckt.

Eines Tages erhält er einen unerwarteten Anruf von dem ebenfalls mittlerweile Erwachsenen Kevin. Die beiden haben sich seit ihrer High School nicht gesehen. Black kehrt zurück nach Miami und besucht dort auch seine Mutter, die in einer Entziehungsklinik untergebracht ist. Sie bittet ihn um Vergebung, doch das kann Chiron nicht. Kevin, der mittlerweile eine kleine Tochter hat aber frisch geschieden ist, ist von Chirons neuem Erscheinungsbild überrascht. Er kocht für ihn und sie fahren gemeinsam durch die nächtliche Stadt und in die Wohnung Kevins, die direkt am Strand liegt…

moonlight_plakatBestes Drama

Beim Golden Globe gewinnt „Moonlight” als bestes Drama – das ist ein gutes Vorzeichen für mehr Auszeichnungen beim Oscar.  Am 26. Februar 2017 wird das im Dolby Theatre in Los Angeles hoffentlich sichtbar werden. In Europa ist „Moonlight“ ab März in den Kinos.

Text: Gerhard Niederleuthner

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